Legende: — Neubau einer HWS-Anlage — Rückbau einer HWS-Anlage — HQ(100) Planzustand — HQ(100) Istzustand
Bauabschnitt „Stedtfeld“ – Maßnahmenkomplex I
Die Lage des Bauabschnitts
Fluss-km 1+750 bis 4+050 – Von der Hörselbrücke in Stedtfeld (L1021/Oberlandstraße) bis zur Hörselbrücke (L1021) an der Kläranlage des TavEE
Welche Maßnahmen wurden ergriffen?
Das Gebiet erstreckt sich auf den Abschnitt von der Straßen- und Eisenbahnbrücke an der Kläranlage bis zur Brücke „Stedtfelder Straße“ von Fluss-km 1+750 bis 4+050 und liegt damit schwerpunktmäßig im Bereich der Ortslage Stedtfeld.
Im Fall eines Jahrhunderthochwassers kommt es zu weitreichenden Überflutungen im Raum Eisenach. Durch die Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Hörsel und Nesse in Eisenach werden diese Wassermengen zwischen den Hochwasserschutzanlagen gebündelt zum Abfluss gebracht. Daraus resultieren höhere Wasserstände im Hochwasserabflussprofil. Für Stedtfeld hätten die Hochwasserschutzmaßnahmen in der Innenstadt Eisenachs somit negative Auswirkungen. Um dies zu verhindern, wurde mit den Hochwasserschutzmaßnahmen in Stedtfeld als vorbereitende Baumaßnahme begonnen.
Der Schutz der Ortslage Stedtfeld ist eine erforderliche Vorleistung vor Umsetzung der beiden Hauptabschnitte in Eisenach, dem Bereich der Innenstadt und dem Bereich des Gewerbegebiets „Auf dem Grieß“. Als Schutzziel für den Maßnahmekomplex I wurde ein Jahrhunderthochwasser (HQ(100)) festgelegt.
Die im Maßnahmenkomplex I vorgesehenen Schutzanlagen werden erst im vollen Umfang beansprucht, wenn auch der Schutz des Industriegebiets „Auf dem Gries“, also in den Maßnahmenkomplexen Spicke und II, vollständig hergestellt ist. Bis dahin verbleibt bei seltenen Ereignissen die Gefahr einer Durchströmung des Industriebgebiets südlich der Hörsel, was die nachfolgende Ortslage Stedtfeld am nördlichen Ufer im Maßnahmenkomplex I praktisch entlastet.
Folgende Maßnahmen waren im Einzelnen geplant bzw. sind umgesetzt:
Von Fluss-km 3+135 bis 4+040 erfolgt auf einer Länge von ca. 900 m eine Absenkung des vorhandenen Deiches bis auf die vorhandene Geländeoberkante.
Der Rückbau des linken Deiches erfolgt, um der Hörsel bei Hochwasser die Möglichkeit zu geben, frühzeitig auf dem linken Vorland abfließen zu können. Da die Hörsel jetzt nicht mehr zwischen Deiche gezwängt wird und einen breiteren Abflussquerschnitt hat, sinken die Wasserstände. Das führt zu einer Entspannung der Hochwassergefahr in der Ortslage Stedtfeld. Die Wasserstände beim Jahrhunderthochwasser sind nach dem Rückbau des linken Deiches ca. 50 cm niedriger.
Ursprünglich war vorgesehen, Sportplatz und Vereinsheim aus dem Überschwemmungsgebiet heraus zu legen. Dies konnte leider nicht realisiert werden.
Da sich mit dem Rückbau des linken Deiches der Wasserstand auf dem linken Vorland erhöht, verschlechtert sich die Situation für das Vereinsheim. Deshalb wurde es mit einer HWS-Wand vollständig umschlossen und so vor Hochwasser geschützt. Dazu wurden Spundwände entlang der rechten Böschungsschulter des Werthgrabens sowie wasserseitig entlang der vorhandenen Befestigung um das Vereinsgebäude (Pflasterflächen) in den Boden eingebracht.
Die Höhe der HWS-Wand beträgt ca. 0,85 bis 1,0 m und beinhaltet einen Freibord von 20 bis 30 cm. Der Teil der HWS-Wand, der im Anströmbereich des Hochwassers liegt, erhält einem Freibord von 0,3 m, der restliche Bereich 0,2 m Freibord. Das heißt, dass die Oberkante der Wand 0,3 bzw. 0,2 m über den berechneten Wasserständen eines Jahrhunderthochwassers liegt.
Der abschnittsweise Rückbau des Deiches in Höhe der Kleingartenanlagen (KGA) – Fluss-km 3+135 bis 3+510 – ist erforderlich, damit die Hörsel auch im Plan-Zustand bei Hochwasserereignissen > HQ(10) auf das rechte Vorland ausufern kann und die dort vorhandenen Flächen für die Retention weitgehend erhalten bleiben.
Der Schutzgrad für die in diesem Bereich angrenzende Kleingartenanlage von HQ(10) wird trotz Rückbau des Deiches vor den Kleingärten aufrecht erhalten. Dies, da durch den Rückbau des gegenüberliegenden Deiches die Wasserstände beim Jahrhunderthochwasser um 50 cm gesenkt werden.
Um eine zu ausgedehnte Überschwemmung bis zur Wohnbebauung an der Oberlandstraße zu verhindern, wurde ein Teil des rechten Deiches als Leitdeich – Fluss-km 3+510 bis 3+800 – erhalten und Instand gesetzt.
Ein Leitdeich sorgt dafür, dass der Fluss erst weiter unten ausufert. Dort sind die Wasserstände niedriger, so dass die Ausuferungen nicht mehr so hoch sind. Ein Leitdeich hat den Vorteil nach unten offen zu sein. So kann das Wasser, das bei Regen hinter den Deich fließt, frei nach unten abfließen.
Das Gebäude des Jugendklubs wurde durch eine Geländeanschüttung vor Einstau durch Hochwasser geschützt. Die Anschüttung erfolgte auf der Grünlandfläche des angrenzenden Flurstückes 75/16 bis an die Rückseite des Gebäudes des Jugendklubs. Sie hat eine Breite von ca. 10 m, eine Länge von ca. 60 m und mit eine Höhe von bis zu 90 cm.
Um den Hochwasserzustrom von Seiten des Gewässerlaufes zu verhindern, wurde der Weg an der Kleingartenanlage um 20 – 50 cm angehoben.
Die Maßnahmen wurden rechtsseitig der Hörsel im Bereich von Fluss-km 2+870 bis 3+130 auf einer Gesamtlänge von ca. 550 m umgesetzt. Sie beinhaltet im Einzelnen:
- den Rückbau der bestehenden HWS-Wand entlang der Unterlandstraße sowie deren Ersatzneubau auf ca. 60 m Länge
- den Rückbau des bestehenden Deiches sowie Neubau einer HWS-Wand zwischen Fluss-km 2+905 und 3+065 auf ca. 160 m Länge
- Erhöhung und Verbreiterung des bestehenden Deiches (Deichinstandsetzung) zwischen Fluss-km 2+905 bis 2+870 auf ca. 30 m Länge
- Verlängerung des Deiches bei Fluss-km 2+870 in Richtung Norden durch einen Deichneubau auf ca. 265 m Länge
- Neubau einer HWS-Wand im Anschluss an das höher liegende Gelände im Bereich der Bebauung an der Wittigstraße, Länge ca. 25 m
Die Maßnahme wurden beidseitig der Hörsel von Fluss-km 1+770 bis 2+060 umgesetzt. Sie beinhalten den abschnittsweisen Rückbau der Uferschultern, die bis zu 0,5 m hoch sind. Das Ausufern bei ansteigendem Hochwasser sowie das Abfließen bei absinkendem Hochwasser von den beidseitigen Landwirtschaftsflächen soll dadurch verbessert werden.
Diese Maßnahmen verbessern auch die Hochwassersituation an der Kläranlage des TAVEE. Diese wurde früher zuerst von Wasser, das über die Landstraße floss, geflutet. Durch den verbesserten Rückfluss ist der Aufstau auf dem südlichen Vorland nicht mehr so hoch. Die Landstraße wird erst bei deutlich mehr Wasser als vorher überflutet.
Verlegung der Hörsel / Flussschlingen
Im Einvernehmen mit dem Opelwerk in Eisenach konnte die Hörsel auf opeleigene Flächen in die linksseitige Aue verlegt werden. Dieser Umsetzung lief die Ausgleichsmaßnahme des Opelwerks für den Bau von Abstellflächen voraus. Diese beinhaltete die Abgrabung der Hörselaue links der Hörsel.
Ursprünglich war statt der Verlegung die abschnittsweise Aufweitung der Hörsel in diesem Bereich vorgesehen. Ähnlich den umgesetzten Aufweitungen weiter unterstrom auf Höhe der Kleingartenanlage „Am Bleichrasen“. Damit wären diese Maßnahmen ausschließlich auf landeseigenen Flächen und im Bereich des rückgebauten Deichabschnitts erfolgt. Die Möglichkeit zur Verlegung ergab sich erst während der laufenden Baumaßnahmen. Das war für alle an dem Bau Beteiligten eine große Herausforderung. Die Chance sollte aber unbedingt genutzt werden. Selten bietet sich entlang von Gewässern, in unserer durch menschliche Nutzungen geprägten Landschaft, die Möglichkeit eine Aue zu reaktivieren.
Nördlich dieser Flächen verläuft der sanierte Deichabschnitt, südlich begrenzt die Stedtfelder Straße (L1021) und die parallel dazu verlegte Gasleitung die Hörselaue.
Seit der baulichen Umsetzung der Verlegung der Hörsel im Herbst 2016 hat sich viel Material umgelagert, Pralluferbereiche sind abgebrochen, alte Hölzer sind zum Vorschein gekommen. Von vornherein waren schmale und breite Gewässerabschnitte innerhalb der Flussschlingen geplant, um unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten und ein diverses Sediment zu erzielen. Es wurde damit begonnen Totholz einzubringen. Dieses bietet einen guten Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen.
Der Gewässerabschnitt der verlegten Hörsel dient auch dazu, in den nächsten Jahren zu beobachten, wie der Fluss die Aue selbst gestaltet. Bei neu angelegten Gewässerverläufen regelt der Fluss als erstes selbst seine Längsentwicklung, es kommt zu entsprechenden Materialumlagerungen. Flache Strecken (Riffle) und tiefe Stellen (Pools) entstehen. Lässt man dem Gewässer mehrere Jahre Zeit, entwickeln sich Pflanzbestände von selbst / durch natürlichen Aufwuchs (Sukzession). In diesem Fall wurde durch Neupflanzungen dem vorgegriffen. Die Eigendynamik des Flusses bedingt jedoch, dass zum Teil neu gesetzte Pflanzen verlustig gehen bzw. umgesetzt werden müssen.
Ständige Veränderungen sind wichtig für eine Flussaue. Nur so kann ein vielfältiger Lebensraum entstehen.
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Verlegung der Hörsel gegenüber einer Abgrabung des Geländes auf einer Fläche von rund 2 ha die bessere Variante darstellt. Aufgrund des korrespondierenden Grundwasserstands mit der Hörsel und damit einhergehenden Vernässungen der Aue, ist eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche nicht mehr sinnvoll.
Mit dem Ausufern in der Aue lagert die Hörsel Abfälle ab. Abfall kommt in das Gewässer, weil unachtsame Menschen im Einzugsgebiet diesen in die freie Landschaft werfen.
Durch Abfälle kann dieser sehr schöne Bereich beeinträchtigt werden. Für das Einsammeln und entsorgen des Abfalls ist nicht der Gewässerunterhaltungspflichtige (die TLUG) zuständig. Erst bei größeren Ansammlungen von Abfall agiert die Abfallbehörde.
Vielleicht gelingt es aber ja im Interesse der Menschen und der Natur diesen Bereich von Abfall frei zu halten. Wichtig ist in erster Linie: Abfall gehört in die Tonne und nicht in die Landschaft oder in das Gewässer.
Welche wesentlichen Änderungen gegenüber dem Bestand haben sich ergeben?
Durch den Rückbau des linksseitig der Hörsel ehemals verlaufenden Deiches wird der Hörsel wieder ein Stück Aue zurückgegeben. Im Bestand wurden diese Flächen ab einem HQ(20) überströmt, indem die Hörsel von Westen her, oberstrom der Brücke Stedtfelder Straße ausgeufert ist und die bestehende Deichlinie hinterströmt hat. Nach Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen im Maßnahmenkomplex II wird diese Hinterströmung bei dem Bemessungshochwasser (HQ100) vermieden. Gleichzeitig sorgt der Deichrückbau für geringere Wasserspiegellagen im Hochwasserfall, weil die Flächen links der Hörsel auf Höhe von Stedtfeld nun bereits ab HQ(10) überströmt werden.
Der rechtsseitig der Hörsel ehemals verlaufende Deichabschnitt auf Höhe der Kleingartenanlage „Bleichrasen e.V.“ kann durch die abgesenkten Wasserspiegellagen im Hochwasserfall zurückgebaut werden. Eine Verschlechterung der Abflussverhältnisse im Hochwasserfall ergibt sich nicht.
Der Deichersatzneubau rechtsseitig der Hörsel von der Oberlandstraße bis zur Einmündung des Hopfentalgrabens dient als Leitdeich dem Schutz der entlang der Oberlandstraße liegenden Wohnbebauung. Eine Hochwasserschutztrasse entlang der Bebauung hätte zwar den Vorteil gehabt, dass auch rechtsseitig der Hörsel die Aue der Hörsel wieder zurückgegeben wird, aber diese Lösung hätte einen rund 150 m längeren Deich bedeutet. Privatgärten wären zerschnitten worden und umfangreiche wären Maßnahmen zur Binnenentwässerung erforderlich gewesen. Dies, weil der Hopfentalgraben im Hochwasserfall nur begrenzt durch ein Siel hätte abfließen können und die Flächen hinter dem Deich im Bereich der Bebauung überfluten würde.
Der Deichneubau westlich der Ortslage Stedtfelds verhindert den Rückstau im Hochwasserfall in Richtung Ortslage.
Insgesamt wurden etwa 1,2 km Deichanlagen zurückgebaut, rund 250 m Deich neu errichtet und ca. 300m Deich ersatzneugebaut.
Mit der Verlegung der Hörsel in die Aue ist die Hörsel auf einer Länge von rund 350m naturnah gestaltet worden. Schnelle und langsame, tiefe und flache Gewässerstrecken bilden sich aus. Die Hörsel gestaltet ihr Gewässerbett selbst. Im weiteren Verlauf bildet der ehemalige Uferlauf nun Inseln.